Der konstruktive Umgang mit Konflikten
Wenn zwei sich streiten, so behauptet zumindest der Volksmund, freut sich der bzw. die Dritte. Unsere Erfahrung lehrt uns jedoch: Konflikte rauben vor allem Nerven und Zeit, kosten Kraft und stören unseren Alltag empfindlich.
Ein Konflikt entsteht immer dann, wenn sich zwei Ansichten oder Interessen gegenüberstehen oder sie nicht miteinander vereinbar sind. Dabei gibt es kaum einen Lebensbereich, der frei von kleineren oder größeren Auseinandersetzungen wäre – ob am heimischen Gartenzaun oder mit dem/der Vorgesetzten – überall gilt es, sich zu arrangieren und Lösungen zu finden. Kommt es zum Konflikt, so liest man für gewöhnlich, ist eine Win-Win-Situation anzustreben, die alle Beteiligten als (vermeintliche) Gewinner*innen aus der Situation hervorgehen lässt. Den guten alten Kompromiss umgibt hingegen die Aura einer Niederlage für alle. Was also tun?
Reibung erzeugt Energie – auch im Streitfall
Den Konflikt haben zwar nicht die Römer erfunden, die Bezeichnung hat jedoch einen lateinischen Ursprung: Ganz wörtlich genommen bedeutet Konflikt „Aufeinandertreffen“, auch „Kampf“. Dass also in Konfliktsituationen bisweilen mit harten Bandagen gekämpft wird, liegt demnach scheinbar in der Natur der Sache. Ungelöste und unbearbeitete Konflikte vor allem am Arbeitsplatz beanspruchen nicht nur das Nervenkostüm der Beteiligten, sondern sind vor allem eine Verschwendung von wichtigen Ressourcen. Das Unternehmen leidet im Konfliktfall genauso wie die direkt Beteiligten. Dabei sind sowohl die Ursachen der Reibereien wie auch deren Bewältigungsstrategien vielfältig. Wer leitet das begehrte Projekt? Wer wird befördert oder wer vertritt das Unternehmen auf dem Kongress? Mal geht es um Kompetenzen und um Macht, und mal um Neid zwischen Kollegen*innen: Warum bekommt Kollegin XY das schönere Eckbüro, warum teilt mir der/die Vorgesetzte immer die langweiligen Aufgaben zu?
Richtig behandelt können Konflikte sich jedoch durchaus positiv auf das Klima und die Produktivität auswirken. Denn: Wenn unterschiedliche Ansichten aufeinanderprallen, wird im besten Fall Energie freigesetzt – Energie für fällige Veränderungen und Innovationen.
Kommunizieren, nicht schreien
Eine Möglichkeit auf das Desinteresse, beißenden Sarkasmus oder offene Anfeindungen von Seiten einzelner Kollegen*innen zu reagieren, ist natürlich die klassische alttestamentarische Methode: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Zahlen Sie es Ihrem Widersacher mit barer Münze zurück und sie werden merken, dass alles noch viel schlimmer wird. Effektiver dagegen ist es, unsere Sprache behutsam einzusetzen. Oftmals sind wir uns gar nicht bewusst, welche Macht dieses Werkzeug besitzt. Wir können ganze Welten erschaffen, Kriege erklären, Menschen verletzen und noch viel mehr – nur mit Worten.
Wenn Sie im Streitfall immer und immer wieder nur Ihre Argumente wiederholen und womöglich dabei die Stimme erheben, können Sie sicher sein, dass nichts von Ihrer eigentlichen Botschaft ankommt. Verzichten Sie auf Schuldzuweisungen und Anklagen, sagen Sie lieber Sätze wie: „Ich wünsche mir, dass …“ oder „Mir geht es so …, wenn du das sagst.“ Jede Form von Ironie oder Sarkasmus ist fehl am Platz, wenn Sie wirklich zu einem Ergebnis kommen wollen. Versuchen Sie außerdem, das Persönliche vom Sachlichen zu trennen. Es wird immer Leute in Ihrem Umfeld geben, die Sie nicht leiden können. Gestehen Sie auch ihnen gute Ideen zu und lassen Sie sich darauf ein, was sie zur Sache zu sagen haben. Sie müssen ja nicht gleich Freund*innen werden. Gute Kommunikation ist – wie immer – das A und O. Wenn das nur nicht so schwierig wäre …
Worum geht es eigentlich?
Konfliktforscher gehen von drei Phasen aus die nötig sind, um eine Konfliktsituation hinreichend zu klären: Auf der persönlichen Ebene ist zunächst einmal wichtig, die innere Ruhe wieder zu finden und das erhitzte Gemüt zu beruhigen. Analysieren Sie sich und die Situation: Worum geht es überhaupt? Was ist Ihnen wichtig, was wollen die anderen?
Erst dann kann auf der Beziehungsebene gearbeitet werden. Eine funktionierende Beziehung hat nämlich einen größeren Einfluss auf die Ergebnisse, als der eigentliche Streitpunkt. Versuchen Sie, Verständnis für die Sichtweise des Gegenübers aufzubringen. Dazu müssen sie sich gegenseitig gut zuhören und bereit sein, Verständnis aufzubringen. Am besten funktioniert das mit klassischen „W-Fragen“: „Wie sehen Sie das?“, „Woran denken Sie dabei konkret?“, oder „Was halten Sie von …?“. Auch gelegentliches Wiederholen der Hauptaussagen des Gegenübers trägt zum gemeinsamen Verständnis bei.
Ganz zum Schluss kann es dann um die eigentliche Sache gehen, den Kern des Konfliktes. Hier ist lösungsorientierte Diskussion gefragt, d.h. gemeinsame Ziele identifizieren, unterschiedliche Interessen berücksichtigen und – ganz wichtig – zusammen nach Lösungen suchen.
Du hast angefangen – Nein du!
Für eine Konfliktlösung ist es nie zu spät, allerdings gilt der Grundsatz: Je früher an der Lösung gearbeitet wird, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Sind die Fronten erst einmal verhärtet und der Konflikt eskaliert, wird die Schlichtung langwierig und ist dann oftmals nicht mehr ohne Hilfe von außen zu bewältigen. Das Schwierige an Konfliktsituationen ist, dass sich beide Seiten im Recht sehen, überzeugt sind, das (einzig) Richtige zu tun, und sich gegenseitig den Sinn für die Realität absprechen. Es gibt allerdings in den wenigsten Fällen nur eine Wahrheit, sondern mindestens so viele wie auch „Streithähne bzw. Streithennen“. Bei der Schlichtung steht dann auch nicht die Frage nach der Schuld im Raum, sondern vor allem die gemeinschaftliche Klärung der Angelegenheit.
Als Vorgesetzte/r sollten Sie einen Blick dafür entwickeln, schwelende oder offene Konflikte in der Belegschaft frühzeitig zu erkennen und die Betroffenen zur Lösung animieren. Und zwar nicht nur aus wirtschaftlich-produktiver Perspektive: Ein schwelender Streit zwischen zwei Mitarbeiter*innen kann langfristig eine Kluft in einer Abteilung oder einem Team entstehen lassen. Es hat also durchaus auch mit Führungsverantwortung zu tun, in Streitfällen schlichtend einzugreifen. Bleiben Sie auf jeden Fall neutral und hören Sie sich beide Seiten an, bevor Sie ein vorschnelles Urteil fällen. Wenn Sie sich unsicher im Umgang mit Konfliktsituationen fühlen, erwägen Sie ein persönliches Coaching. Das hilft, sich tiefergehend mit diesem komplexen Thema zu beschäftigen und neue Wege der Auseinandersetzung und Konfliktschlichtung zu entwickeln.
Erfolgreich bewältigte Konflikte können Veränderungen mit sich bringen, wie sie unter normalen Umständen nicht denkbar gewesen wären. Besprechungen zum Beispiel können plötzlich produktiv und gewinnbringend sein, wenn erst einmal die festgefahrenen Strukturen aufgeweicht werden. Wie nach einem reinigenden Sommergewitter ist die Luft im Team wieder rein, die Beteiligten offen für Neuerungen und Veränderungen und motiviert, sich mit den getroffenen Abmachungen auseinanderzusetzen. Unzufriedenheit wandelt sich im besten Fall zu innovativer Zusammenarbeit. Im Idealfall freut sich also nicht nur der Dritte, sondern das ganze Team über eine gemeinsam genommene Hürde.
Ein paar Tipps zum Schluss
- Achten Sie sensibel auf etwaige Konfliktanzeichen im eigenen Umfeld und reagieren Sie rechtzeitig.
- Gehen Sie in die Offensive und sprechen Sie Dinge direkt an, ohne zu verletzen.
- Geben Sie Fehler offen zu.
- Tragen Sie von Beginn an konstruktiv zur Konfliktlösung bei.
- Ist der Konflikt schon weiter fortgeschritten: Scheuen Sie sich nicht, Hilfe von einem Außenstehenden, wie z. B. einem Coach, in Anspruch zu nehmen.
Gerne unterstützen wir Sie in Ihren Konfliktsituationen aktiv mit unserer Beratung und mit Coaching, sei es bei Teamkonflikten, bei Konflikten zwischen Mitarbeiter*in und Vorgesetzter/m oder auch bei Konflikten mit Ihren Führungskollegen, wenn dies von allen Seiten gewünscht wird. Sprechen Sie uns gerne an. Bei Bedarf bieten wir auch individuell zugeschnittene Team-Workshops zur Aufarbeitung und Lösung von Teamkonflikten an.