Emsigkeit macht noch keine Führungskraft

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Führungskräfte sind Jongleure. Die Guten von ihnen jonglieren im Berufsalltag nicht nur mehrere Projekte gleichzeitig, sondern sie sind auch in der Lage, die Bälle an andere Jongleure weiterzugeben. Das Delegieren kleinerer Bälle fällt dabei so manchen Manager*innen schwer. Schließlich muss dem oder der Beauftragten die volle Verantwortung übertragen und die geeigneten Mittel an die Hand gegeben, diese Aufgabe selbständig zu bewältigen. Immer wieder fällt uns in unserer Coachingtätigkeit auf, dass Führungskräfte nicht klar identifizieren können, welche ihrer aktuellen Aufgaben ihre wahren Prioritäten darstellen. Zu den Aufgaben, die eine Führungskraft eigentlich in den meisten Fällen nicht aufhalten sollten, gehören zum Beispiel die typischen Büroorganisationsaufgaben.

Sollten Sie sich als Führungskraft gut mit dem Auffüllen des Druckerpapiers, dem Nachbestellen von Büromaterialien, dem Firmen-Laptop oder der Einrichtung des Telefons auskennen, ist dies nie von Nachteil. Doch, falls Sie besonders viel Zeit mit Ihren (mobilen) technischen Geräten verbringen sollten, ist Vorsicht angebracht. Wer sich mehr mit dem Computer, dem Mobiltelefon oder mit E-Mails beschäftigt als mit den Menschen um ihn herum, läuft Gefahr, seine Karriere in eine Sackgasse zu manövrieren.

Emsigkeit ist nicht Exzellenz
Vor allem junge Führungskräfte scheinen manchmal technische Emsigkeit mit Exzellenz zu verwechseln. Die ständige Abrufbereitschaft per Mobiltelefon am Wochenende, nachts noch E-Mails beantworten oder sogar in der Mittagspause erreichbar zu sein, hat jedoch noch niemanden wirklich weitergebracht. Im Gegenteil: ist man permanent erreichbar, wird man sich kaum erholen können. Im Prinzip tut man also nicht einmal dem Arbeitgeber etwas Gutes, wenn der Laptop auch noch am Frühstückstisch aufgeklappt wird oder das Telefon die privaten Wochenenden stört, denn die Leistung nimmt bei permanenter Anspannung nachweislich ab.

Die Business-Kolleg*innen, die im Cafè, in der Bahn oder am Flughafen gedankenvertieft eifrig in ihr Notebook tippen, machen inzwischen nur noch auf den Laien den Eindruck von erfolgreichen Geschäftsleuten. Jede erfahrene Führungskraft wird in ihnen einen armen „Sachbearbeiter“ sehen, der anstatt einen Kaffee zu genießen, die Gedanke schweifen zu lassen oder den Blick aus dem Fenster zu genießen, mit seiner modernen Schreibmaschine beschäftigt ist (denn nichts anderes ist selbst der schickste Laptop schließlich).

Das heißt nicht, dass Arbeit nicht auch im Zug oder im Flugzeug erledigt werden kann. Doch ist die Arbeit einer Führungskraft nicht auch, den Kopf frei für Ideen zu haben, sich mit seiner Umwelt auseinander zu setzen oder mit Menschen ins Gespräch zu kommen? Und mal ehrlich, könnte der Kostenvoranschlag, den Sie im Zug erstellen, nicht auch während der Arbeitszeit finalisiert werden?

Gänzlich unhöflich (und unprofessionell) ist die Unsitte, diese Geräte selbst in Besprechungen nicht auszuschalten. Diese Umgangsregel ist eigentlich jedem bekannt, nur scheint es nach wie vor nicht jedem bewusst zu sein. Mit jeder in einer Konferenz abgeholten E-Mail, mit jedem Blick in den Posteingang Ihres mobilen Telefons demonstrieren Sie Ihrem Gegenüber: Unsere Unterhaltung hat (und damit „Sie haben“) eine geringere Priorität als meine Korrespondenz. Und denken Sie nicht, der Vortragende der aktuellen Präsentation sieht nicht, dass Sie unter dem Tisch Ihre Nachrichten abrufen und beantworten!

Das Beherrschen von Multitasking hat sehr viele Vorteile; in der Außenwirkung ist das aber in jedem Fall negativ. Wer während einer Präsentation oder eines Gespräches E-Mails abholt, wirkt weder professionell und souverän, noch engagiert. Dieses Verhalten mag hervorgerufen werden durch die Faszination neuer Technologien aber meistens durch ein Gefühl der Unabkömmlichkeit und der Sorge, was in der Abwesenheit vermeintlich Wichtiges anfallen könnte.

Führen durch persönlichen Kontakt
Oft tappen auch Führungskräfte mit einer sehr großen Führungsspanne und komplexem Verantwortungsbereich in die „Ich mache alles schnell selbst“-Falle. Anstatt das Vorsortieren Ihrer E-Mails, das Einreichen Ihrer Reisekostenabrechnung oder die Recherche nach einem Hotel Ihren Assistent*innen zu übertragen, verbringen Sie Ihre Zeit quasi als Ihr eigener Computer-Sachbearbeiter. Sie verschwenden kostbare Zeit, in der Sie als Führungskraft und „Leiter“ besser mit Menschen sprechen könnten. Sie könnten Ihr firmeninternes und -externes Netzwerk ausbauen und pflegen, sich mit Ihren Mitarbeiter*innen austauschen und die notwendigen Rückmeldungen und ein Feedback geben. Denn die permanente Auseinandersetzung mit Ihren Mitarbeiter*innen, den Kollegen, Vorgesetzten und Kunden ist für Führungskräfte essenziell.

Verstecken Sie sich nicht hinter dem Computer, lassen Sie sich nicht durch die Technik von Ihrer eigentlichen Arbeit abhalten. Sie könnten sonst auf dem Weg Ihrer Karriere in der „Abteilung für sehr gute Fachkräfte mit gewissen Führungseigenschaften“ landen. Oder haben Sie schon einmal die folgende Stellenbeschreibung gesehen?

Gesucht: Führungskraft
Sie haben langjährige Erfahrungen in der Personalführung sowie solide Kenntnisse in Computer-Hardware und Software-Anwendungen aller Art. Sie haben bereits größere Teams geleitet, bedienen Ihr iPhone virtuos und können eigenständig WhatsApp, Skype und Google Earth installieren sowie Powerpoint-Folien mit einem Passwort schützen. Daher brauchen Sie auch weder Assistent*innen, die Ihre Themen vorsortieren, noch Mitarbeiter*innen für Präsentationen und Ausschreibungen…

 

Ein paar Tipps zum Schluss

  • Führen/Delegieren Sie nicht per E-Mail

Weitergeleitet ist nicht informiert. Und in Kopie gesetzte E-Mails können manchmal auch zu einer Belastung für die Empfänger*innen werden. Besuchen Sie lieber das Büro der Kolleg*innen oder rufen Sie kurz an, anstatt nur per E-Mail zu kommunizieren. Das schafft Nähe und Vertrautheit und öffnet Ihnen in Zukunft vielleicht Türen, von denen Sie bisher nichts ahnen.

  • Nur dreimal am Tag Emails abrufen

Experten raten quasi einhellig dazu, seine E-Mails nur wenige Male am Tag abzurufen und zu bearbeiten. Die ständige Unterbrechung unseres Arbeitsalltages durch E-Mails, Anrufe und SMS sind nachweislich kontraproduktiv, da sie unsere Konzentration permanent stören. Schalten Sie doch einmal testweise einige Tage lang das automatische Herunterladen neuer Nachrichten ab und aktualisieren Sie Ihren Posteingang nur noch per Hand. Auch das Mobiltelefon kann im Büro ruhig mal ganz ausgeschaltet werden. Außerdem stören zum Beispiel Windows und speziell Outlook uns mit permanenten Hinweisen. Schalten Sie die nervige Bubble-Benachrichtigung und eventuelle Tonsignale beim Eingang neuer E-Mails ab, wenn Sie konzentrierter arbeiten möchten.

  • In Gesprächen: E-Mailprogramm schließen und Telefon stumm oder ausschalten

In persönlichen Gesprächen am Arbeitsplatz sollten Sie Ihr E-Mailprogramm ganz schließen oder den Sitzplatz von vornherein so wählen, dass weder Sie noch Ihr Gegenüber vom Bildschirm des Computers abgelenkt werden. Dies gilt auch für Video-Meetings. Schließen Sie alle anderen Anwendungen, damit sie ganz auf das aktuelle Gespräch konzentriert sind. Schalten Sie das Telefon auf lautlos und nehmen Sie keine Telefonate an. Die Message an Ihre Gesprächspartner*innen ist sonst: „E-Mails und Telefonate haben bei mir eine höhere Priorität als Deine Person“. Treffen Sie Ihre Kolleg*innen wenn möglich persönlich oder in der aktuellen Zeit zumindest per Video und telefonieren Sie mit Ihren Kunden und Teammitgliedern. Ihre Stimme und Ihre Anwesenheit sollen sowohl die Vertrautheit als auch die Effizienz im Team verbessern und somit Teil Ihres Erfolgs sein. Hinterlassen Sie lieber eine nette Nachricht, als eine von 100 E-Mails zu schicken, die derjenige pro Tag abarbeiten muss. So wird Kommunikation zu einer netten Abwechslung.

Wenn Sie Menschen führen oder mit Ihnen im Team erfolgreich zusammenarbeiten wollen, dann verstecken Sie sich nicht hinter unpersönlichen E-Mails oder öden SMS. Denken Sie einmal an Menschen in besonders hohen Positionen: Deren Arbeitsalltag besteht zu einem guten Teil aus persönlichen Gesprächen von Mensch zu Mensch. Denn: Zusammenarbeit findet zwischen Menschen statt!

Wir bieten spezielle, modulare Führungskräftetrainings für alle Hierarchie-Ebenen, in denen wir all dies neben vielen anderen Führungsthemen gemeinsam mit Ihnen interaktiv erarbeiten. Auch ein Zeitmanagement-Training haben wir in unserem Portfolio. Zudem unterstützen wir Sie gerne im Rahmen von Führungscoaching, wenn Sie das Gefühl haben, Ihnen wächst die tägliche Routine über den Kopf und Sie haben keine Zeit für Ihre eigentlichen und strategischen Führungsaufgaben. Gemeinsam mit Ihnen priorisieren wir den Arbeitsalltag und suchen nach möglichen Zeitfressern. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne direkt an.