Mit welchen Gefühlen denken Sie morgens beim Aufwachen an die Arbeit? Freuen Sie sich auf Ihre Kolleg*innen? Ist die Stimmung gut, fühlen Sie sich wohl an Ihrem Arbeitsplatz? Wenn das so ist, dann scheint das „Arbeitsklima“ an Ihrem Arbeitsplatz auf jeden Fall gut zu sein!
Im Gegensatz zum Betriebsklima, das die längerfristige Qualität der Zusammenarbeit im Unternehmen bezeichnet, beschreibt der Begriff „Arbeitsklima“ die spezielle Situation am jeweiligen Arbeitsplatz. Seine Auswirkungen auf die einzelnen Mitarbeiter*innen sind auf dieser Ebene also noch unmittelbarer. Das Arbeitsklima ist variabel: Jede bzw. jeder Einzelne hat mit ihrem bzw. seinem Verhalten Einfluss darauf. Es wirkt sich auf die Motivation, die Kreativität und Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter*innen aus. Ein gutes Klima führt daher zur entsprechenden Arbeitsfreude, die sich wiederum in den Arbeits- und Unternehmensergebnissen widerspiegelt.
Klimamesser: Organizational Citizenship Behaviour
In diesem Zusammenhang spielt ein Begriff aus der Arbeits- und Organisationspsychologie eine bedeutende Rolle: Organizational Citizenship Behaviour (OCB). Dieser von D.W. Organ geprägte Begriff beschreibt eine Form von freiwilligem Arbeitsengagement, welches über das vertraglich geforderte Engagement hinausgeht. Zahlreiche Studien beschäftigen sich mit diesem zusätzlichen Engagement. Es ist als objektive Größe messbar und die Ausprägung von verschiedenen Faktoren abhängig, die Sie als Mitarbeiter*innen und in besonderem Maße als Führungskräfte mitbestimmen können.
Faktor 1: Hilfsbereitschaft
Hilfsbereitschaft bezeichnet in diesem Zusammenhang das Verhalten, anderen Mitarbeiter*innen bei arbeitsbezogenen Problemen zu helfen. Hier ist natürlich viel Spielraum. Niemand erwartet, dass Sie zu barmherzigen Samaritern werden (wenn Sie es nicht schon sind), aber ein bisschen Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme zahlen sich aus. Im Gegensatz zum Altruismus kann der Hilfsbereitschaft durchaus auch ein nicht selbstloses Verhalten zugrunde liegen. In arbeitsteilig verketteten Aufgabenbereichen können sich Fehler nämlich fortpflanzen und potenzieren, so dass ein rechtzeitiges, helfendes Verhalten auch Schwierigkeiten für Sie selbst abwenden kann. Helfen hilft also.
Faktor 2: Gewissenhaftigkeit
Hier geht es um Verhaltensweisen, von denen die ganze Organisation oder das Team profitiert; es fehlt also im Gegensatz zur Hilfsbereitschaft der direkte Personenbezug. Als Beispiele sind hier Pünktlichkeit, sorgfältiger Umgang mit Ressourcen oder geringe Fehlzeiten zu nennen.
Faktor 3: Eigeninitiative
Eigeninitiative setzt ein hohes Maß an Interesse für das Unternehmen, das Team und die Arbeitsaufgaben voraus. Sie kommt von ganz allein, wenn Sie sich dem Team oder Unternehmen verpflichtet und für Entscheidungen und Vorgehensweisen mit verantwortlich fühlen. Wenn Sie sich gerne Gedanken machen, wie die Aufgabenerfüllung verbessert werden kann, Sie Ihre Kreativität einbringen, innovativ sind; oder wenn Sie immer wieder einmal besondere Anstrengungen in der Aufgabenbewältigung zeigen, dann ist Ihre Eigeninitiative stark ausgeprägt!
Faktor 4: Unkompliziertheit
Hierunter versteht man eine aufgeschlossene Haltung gegenüber Veränderungen im Unternehmen, Team oder den Arbeitsaufgaben und Arbeitsabläufen. Neue Arbeitsabläufe empfinden Sie als Bereicherung, Sie verlassen gerne ausgetretene Pfade, um Neues zu entdecken. Außerdem zeigen Sie Bereitschaft vorübergehende Unannehmlichkeiten und Belastungen zu akzeptieren.
Unternehmen und Mitarbeiter*innen: Zwei Seiten derselben Klima-Medaille
Die „OCB“-Forschung macht deutlich wie wichtig es ist, eine Unternehmenskultur mit Regeln und Maßnahmen zu etablieren, die ein faires Vorgehen im Betrieb stützt und somit auch ein auf Gegenseitigkeit beruhendes, freiwilliges Verhalten fördert, das dem Unternehmen dient.
Der Aufbau von Vertrauen, gerade auch in Krisenzeiten, darf nicht vernachlässigt werden. Dies kann auf Unternehmensebene z.B. dadurch erreicht werden, dass Verfahrensweisen und Strategien des Unternehmens transparent gemacht und konsequent verfolgt werden. Auf Brüche sollte hier, soweit es geht, verzichtet werden. Aber auch auf der Teamebene und der persönlicher Ebene sollte dies stattfinden. Nur so werden die Mitarbeiter*innen den Mut finden, auf Missstände hinzuweisen und Verbesserungsvorschläge einzubringen.
Finanzielle Anreize tragen nicht unbedingt zur Steigerung des „OCB“ bei; im Gegenteil können sie gerade zur Abschwächung des „OCB“ führen, weil so der zentrale Aspekt der Freiwilligkeit verlorengeht und das Zielverhalten wiederum vertraglich geregelt wird. Sinnvoll ist allerdings, „OCB“ als Kriterium in Personalbeurteilungsverfahren einzusetzen, d.h. entsprechendes Engagement von Mitarbeiter*innen zu würdigen und anzuerkennen. Untersuchungsergebnisse weisen zudem darauf hin, dass vor allem die Interviews bei Neueinstellungen und Beförderungen ein geeignetes Instrument sein können, um das „Citizenship-Behaviour-Potenzial“ einschätzen zu können. Um neue Mitarbeiter*innen von Anfang an gut einzubinden ist es außerdem hilfreich, sie in Gruppen und Teams einzusetzen, die sich durch ein hohes „OCB“ auszeichnen.
Prima Klima durch Personalentwicklung
Die genannten Beispiele machen deutlich, dass es vielversprechend sein kann, beispielsweise mit einer moderierenden Prozessbegleitung oder einem gezielten Coaching die Mitarbeiter*innen und Führungskräfte für „Citizenship Behaviour“ zu sensibilisieren. Schon kleine Verhaltensänderungen tragen schließlich zu einem insgesamt besseren Klima bei. Ziel sollte sein, dass alle Mitarbeiter*innen eines Teams oder einer Abteilung mit offenen Augen durch den Arbeitsalltag und Arbeitstag gehen, Schwierigkeiten und Probleme der anderen wahrnehmen und proaktiv und eigeninitiativ tätig werden.
Mit unseren Erfahrungen in der Personalentwicklung sind wir gerne Ihr kompetenter Ansprechpartner für Maßnahmen in Bezug auf Mitarbeiter- und Teamentwicklung sowie Coaching von Führungskräften. Gerade in Zeiten, in denen die Menschen und Unternehmen ständigen Veränderungen unterworfen sind, kann die Förderung von „Citizenship Behaviour“ im Rahmen der Personalentwicklung einen entscheidenden Beitrag zur Unternehmenskultur leisten, die Angestellten und Führungsebene gleichermaßen dient.
„Hilfsbereitschaft und Einsatz zu Gunsten anderer macht unweigerlich glücklich, sobald der Dank für den Einsatz zurück kommt!“, Arthur Schopenhauer
Zum Weiterlesen:
– Organ, D.W., Podsakoff, P.M. &MacKenzie, S.B. (2006, erschienen 2005): Organizational Citizenship Behavior: Its nature, antecedents, and consequences. Thousand Oaks: Sage Publications.
– Staufenbiel, T. & Hartz, C. (2000): Organizational Citizenship Behavior: Entwicklung und erste Validierung eines Messinstruments. Diagnostika, 46 (2), 73-83